5. August 2011

Estland ein Geheimtip nicht nur für Reiseradler!

31.07.
Wir sind heute pünktlich zum Auschecken aus dem Hostel aufgestanden. Anschließend frühstückten wir noch gemütlich im Gemeinschaftsraum. Wir drehten noch eine Runde durch die Innenstadt von Tallinn und konnten in einer der orthodoxen Kirchen sogar eine Hochzeit  beobachten. Nach 5 km gab es ein zweites Frühstück am Supermarkt. Mit einer aufgefüllten Vorratskammer, voller Elan und mit Kraft in den Beinem pesten wir los... bis wir nach Kilometer 17 auf einen Kaffee einkehrten. Wir fanden eine zum Café umgebaute Wassermühle. Im Innenhof gab es einen kleinen Teich. Wer wollte konnte sich hier eine Forelle angeln. Diese wurde dann filetiert und frisch geräuchert an den Tisch gebracht. Für die Faulen und Ungeduldigen gab es natürlich auch einen Kescher. Uns genügte ein Kaffee, da das Frühstück noch nicht so lange her war. Der Kilometerstand zeigte 17 km, die Uhr 17.30 Uhr an. Unser schlafplatz lag also noch geschlagene 90 km entfernt. Nach ungefähr der Hälfte der Strecke entdeckten wir an einem Parkplatz eine Karte der Umgebung mit eingezeichneten "Resting Places". Nahe unseres angepeilten Ziels bei einem Leuchtturm befand sich ein solcher. Das GPS navigierte uns auf dem kürzesten Weg dorthin. Die letzten 8 km verbrachten wir auf zuckersandigen Wegen durch den Wald. Hier angekommen fanden wir leider keinen Resting Place wie wir ihn erwartet hatten, dafür aber ein Vogelbeobachtungshäuschen mit Kamin, Couch und Tisch. Auch gut!
Zum Abendbrot gab es leckeren Eintopf, noch ein kurzer Sprung in die Ostsee und dann nichts wie ab ins Bettchen. 
Tallinns Marktplatz
und das Rathaus
Beobachtungshütte ...
... für den Sonnenuntergang
Unsere Aussicht ...
... und Badestelle
01.08.
Am nächsten Morgen bekamen wir zweimal Besuch von Spaziergängern, die uns skeptisch betrachteten. Es kommt anscheinend nicht so oft vor, dass drei Reiseradler samt ihrer Räder in der 3x4 m kleinen Hütte nächtigen. Nach dem Frühstück schaute noch ein Radler aus Stockholm bei uns vorbei, mit dem wir kurz plauschten. Er fuhr heute eine ähnliche Route und wir sollten ihn noch vier weitere Male sehen. Estland hat ein gut ausgebautes Straßennetz und die Straßen sind in gutem bis sehr gutem Zustand. Viele sind neu asphaltiert,  auch wenn der Belag manchmal etwas rauh ist, fahren sie sich alle prima. Wir rollten die ersten 40 km bis zum Supermarkt am Stück. Dort machten wir eine Brotzeit. Noch einmal 10 km und eine Runde durch das wunderschöne Dorf Haapsalu und wir waren an der Fähre auf die Insel Hiiumaa, die kleinere der beiden großen estnischen Inseln. Auf der Insel legten wir noch einmal 60 km zurück, die letzten 10 km auf grobschotterigen Waldwegen. Diesmal war der Resting Place so wie wir ihn uns vorgestellt hatten und diese Vorstellung teilten wir mit ca. 40 anderen Leuten. Als wir ankamen trafen wir auf 14 Autos sowie im Wald und am Strand verteilten Zelten. Hier und dort brannte ein Feuerchen, um die in gemütlicher Runde alle beieinander saßen. Wir suchten uns ebenfalls ein nettes Plätzchen direkt am Meer und schlugen unser Lager auf. Wir genossen unseren Grießbrei mit Kirschen und ließen das Meer und den Rest des Sonnenuntergangs auf uns wirken. Das Baden gestaltete sich danach jedoch etwas schwer. Es gab ungefähr einen Meter feinen Kiesboden, danach nur noch große und kleine glibschige Steine. Wir legten uns also direkt vorne ins Wasser und zogen den Bauch ein, damit der Bauchnabel unter Wasser war. Abseifen, nochmal lang machen und wir waren blitzeblank. Danach schnell ins Bett, denn am nächsten Morgen hatten wir "großes" vor.
Fährtickets kaufen ...
... für die Überfahrt.
Was erwartet uns wohl hinter der Kurve?
02.08.
Wir hatten es eilig. Unsere Fähre legte um 12 Uhr ab und wir hatten noch 42 km vor uns. Daher gestaltete sich das Frühstück und das Sachenpacken etwas zügiger. Zehn vor Zehn sattelten wir auf. Mit nur einem kurzen Pullerstop erreichten wir pünktlich um 11.45 Uhr unser Ziel, die Fähre von Söru nach Triigi. Triigi liegt auf Saarema, der größten von ca. 1500 estnischen Inseln. Zum Mittag kehrten wir in Leisi ein. Es gab eine ordentliche Portion Schweinebraten mit Kartoffelbrei und Sauerkraut. Dazu einen großen Kaffee.
Und weil es so gemütlich war brachen wir auch erst um 16 Uhr wieder auf, was bei den 40 verbleibenden Kilometern nicht weiter schlimm war. Wir entschieden uns heute für eine kürzere Tour, da Matti sich nicht so gut fühlte und sich erste Anzeichen einer Erkältung zeigten. In Ninase suchten wir unseren geplanten Zeltplatz auf, der leider eine verlassene Baustelle war. Hier ist wohl jemandem das Kleingeld ausgegangen oder der erwartete Tourismus, den der neue Hafen für kleinere 200 m Kreuzfahrtschiffe bringen sollte, ist ausgeblieben. Denn außer dem neuen Hafen, der der größte der Insel ist, gibt es hier nur eine paar wenige Häuschen. Immerhin haben dieses Jahr schon 10 Schiffe angelegt. Im Büro der Hafenmeisterei fanden wir einen netten Mann, der uns half unsere Unterkunft zu finden. Ein weiterer Zeltplatz befand sich sozusagen auf dem Nachbargrundstück des Hafens. Er führte ein kurzes Telefonat und organisierte, dass wir abgeholt werden. Für 8 € pro Nacht machten wir ein richtiges Schnäppchen. Eine Dusche ohne Warmwasser und ohne Druck auf der Leitung (das Wasser steht nämlich in einem Kübel auf der Duschkabine) und ein Plumpsklo waren bei dem Preis OK. Wir machten uns ein Feuerchen im Kamin im Küchenunterstand und grillten unser Fleisch. Dazu gabs Gemüse und Kartoffeln. Sauber und satt, wie schön is datt. Noch das Schachbrett aus St. Petersburg von Felix eingeweiht und nach einer langen uns spannenden Partie den sternenreichen (endlich mal wieder) Himmel betrachtend ins Bett.
Inselschlafplatz
Eine der umgebauten Windmühlen in Ninase.
Die Zweite.
Angekommen.
Das Schachbrett einweihen.
Endlich wieder Sterne über dem Hafen.
03.08.
Heute hatte sich die leichte Erkältung von Matti zu einer richtigen entwickelt. Mit einer tiefen Raucherstimme begrüßte er uns am Morgen. Wir verschoben die Überlegungen weiter zu fahren und machten doch hier unseren Pausetag. Die Wäsche konnten wir bei den Besitzern abgeben, die sie dann umsonst in ihrer privaten Waschmaschine wuschen. Der nächste Supermarkt ist auch nur 8 km entfernt, sodass wir nocheinmal das nötigste holen konnten. Dazu zählte frische Milch für den nächsten Tag und Wasser, da wir dem Wasser aus den Alublechkübeln nicht so wirklich trauten, es ist recht klar und sollte Trinkwasser sein. Da wir in dem Dorfladen zu unserer Verwunderung mit Visa bezahlen konnten, legten wir noch ein paar Süßigkeiten drauf und machten uns auf den Heimweg. Ansonsten gestaltete sich der Tag relativ ereignislos. Wir entspannten uns alle in unseren Hängematten, wobei Stefan und Felix bis sie die Figuren nicht mehr erkennen konnten, drei Partien Schach spielten, wobei alle sehr spannend waren und sich lange hinzogen und von Stefan gewonnen werden konnten. Matti schonte sich noch mehr, um bald wieder fahrtauglich zu sein.
Hängematten-Schach.
04.08.
Wir werden wohl zur Erholung noch einen Pausetag im Nirgendwo bei bestem Wetter ranhängen . Matti geht es schon wesentlich besser, aber wir sollten ihn erstmal richtig fit bekommen, denn so eine Fahrradtour ist schließlich kein Ponyhof :). Also weiter entspannen, Blog schreiben, dem Klicken des Wasserkochers aus 50 m Entfernung lauschen (so ruhig ist es hier) und Schach spielen, wobei das bisherige Spiel von Felix gewonnen werden konnte. Mal sehen wie es am Ende des Urlaubs steht. Nach dem sehr einseitigen Tag gestern steht es 4:2 für Stefan. Zum Mittag (18 Uhr) gab es wieder Griesbrei diesmal mit Nutelladerivat und Honig aus Ermangelung an Früchten. Weil es morgen recht früh losgehen soll, fangen wir schon mal an unsere Sachen zu packen, aber immer wieder von längeren Schach- bzw. Faulenzpausen unterbrochen.
Nachtrag: Aktueller Stand 5:3 (00:30Uhr)
05.08.
Wir laden den Eintrag erst heute hoch, da wir auf dem "Campingplatz" im Nirgendwo natürlich auch kein Internet hatten. Immerhin hatten wir eine Steckdose, um den Eintrag fertig zu machen :). Wir trinken grad Kaffee in Kuressaare, haben den Reiseradler von der Fähre wiedergetroffen und sitzen in geselliger Runde. Bis bald aus Riga.

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